JESSEN

Lage: Kreis Meißen (Sachsen)
Einwohner:  251 (Stand: 31.12.2023) 

Dorfform: Straßenangerdorf (einreihig)
Flurform: Gelängeflur, Streifenflur
Gemarkungsgröße: ca. 367ha
Höhe: 144m über NN
GPS: 51° 12′ 30″ N, 13° 31′ 47″ E

- CHRONIK -

1272
Die heutige Ortschaft Jessen wurde erstmals in einer Urkunde vom 5. Januar des Jahres 1272 als Gezzen erwähnt. Laut dieser Urkunde wies Heinrich III., der damalige Markgraf von Meißen, das Domkapitel zu Meißen an, die Zinsen aus dem Nachlass seiner verstorbenen Frau Agnes dem Ort zur Ausrichtung zweier Feste zu überlassen. Des Weiteren besagte die Urkunde das sämtliche eigen erwirtschafteten Zinsen des Ortes frei von jeglicher Abgabepflicht seien.

1350
In einer Urkunde vom 16. Februar 1350 wurde der Ort Jessen als Yessen ultra Albeam (lat.: jenseits der Elbe) aufgeführt. Laut dieser Urkunde bestätigte der damalige König Karl IV. dem Domkapitel zu Meißen alle Privilegien, Güterbesitzungen und Renten in den schriftlich aufgeführten Ortschaften, so auch in Jessen.

1409
Eine Urkunde vom 7. August 1409 bestätigte eine Zinszueignung vom damaligen Meißner Burggraf Heinrich I. von Hartenstein an die Ortschaften Wenige Prus (Kleinprausitz) und Jessin (Jessen). Die damalige Ortschaft Jessin war zu jener Zeit noch der Gerichtsbarkeit von Hayn (Großenhain) unterstellt.

1431
In einer Urkunde vom 21. März 1431 wurde das heutige Dorf Jessen als Yessin genannt. Laut dieser Urkunde genehmigte der damalige Meißner Burggraf und Lehnsherr Heinrich I. von Plauen, einem gewissen Nickel Eckelman ein Stück Land für 100 rheinische Gulden an das Meißner Domkapitel zu verkaufen.

1610

Um diese Zeit wurde die damalige Richtstätte der Ortschaften Jessen, Gröbern, Ockrilla und Großdobritz, die sogenannten Radeberge (heute: Rothenberge / GPS: 51°11'52.1"N 13°32'17.7"E), an einen Ort östlich der Ortschaft Gohlis verlegt. Da die Verwesung der auf dem Radeberge beerdigten Leichen stets zu einem ungewollten Insektenbefall führte, brachte dies die Qualität des damals ebenfalls dort angebauten Weines immer mehr in in Verruf.

1635/1637

In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) kam es innerhalb der Region Sachsens zu mehreren größeren Pestausbrüchen denen tausende Menschen zum Opfer fielen. Allein in Jessen verstarben zwischen 1635 und 1637 über 120 Personen an dieser Krankheit. Da man die Pest dem schlechten Wasser zuschrieb errichtete man in dieser Zeit insgesamt vier neue Brunnen, wovon der sogenannte „Gaselsborn“ (ehem. nahe westl. Dorfeingang/Leipziger Bahnstrecke) noch mit das beste Wasser förderte.

1820er

Zu Beginn des 19. Jahrhundert wurde in der ländlichen Umgebung eine sogenannte “wandernde Schule” (auch “Reiheschule”) betrieben , bei der ein von der jeweiligen Gemeinde ausgewählter, konfirmierter Kinderlehrer die Kinder der Ortschaften jeweils einige Wochenstunden in deren Privathaushalten unterrichtete.

1826

In diesem Jahr wurde auf Jessener Grund erstmals ein festes Schulgebäude errichtet.

1834

Nach offiziellem Stand vom 1.Dezember 1834 bestand die Ortschaft Jessen damals aus 37 Gebäuden und wurde der Kirchgemeinde (Parochie) Gröbern zugeordnet. Die Einwohnerzahl belief sich auf insgesamt 173 Personen.

1848

Am 15. April des Jahres 1848 wurde das Schankrecht, welches bis dahin im Sinne des damals vorherrschenden "Reiheschankes" zwischen den Gutshöfen Nr. 3, Nr. 6 und Nr. 19 wechselte, für 500 Thaler an den örtlichen Zimmermeister Gotthelf Marx verkauft. Für dieses Geld wurde eine Feuerwehrspritze (400 Thaler) angeschafft, sowie ein Gerätehaus (90 Thaler) gebaut. Nachdem Gotthelf Marx das Schankrecht in Jessen inne hatte ließ er ein Gasthaus mit angeschlossenem Tanzsaal errichten. Nach seinem Tod übernahmen seine Witwe Hanna Rosine (geb. Bretschneider) und sein Sohn Gotthelf Marx jun. den Betrieb.

Restaurant "Zur Schmiede" / um 1900

Volksfest / Schlachtnachstellung "Teutoburger Wald" (1931)

Volksfest / Schlachtnachstellung "7jähriger Krieg" (1935)

Jessener Volkschor

1863 

In diesem Jahr fiel die Jessener Mühle, damals im Besitz von Karl Leuteritz, einem Brand zum Opfer.
 

1866 

In früherer Zeit gab es in fast jedem Ort des damaligen Königreich Sachsens eine sogenannten Salzschenke bzw. einen Salzschank. Hierbei handelte es sich um einen festgelegten Ausgabeort für die Speisesalzverteilung, bei welcher jeder Einwohner seine gewünschte Menge bestellen konnte. Für die Jessener Salzausgabe wurde die jeweilige Gesamtmenge an Speisesalz im rund 9km entfernten Priestewitz eingeholt.  Um das Jahr 1866 gab man diese Art des Salzbezuges in dieser Region auf.

1876

Der Ort Jessen bestand, laut einer offiziellen Volkszählung vom 1. Dezember 1875, aus 38 bewohnten Hausgrundstücken mit insgesamt 53 einzelnen Haushalten. Die Gesamteinwohnerzahl belief sich dabei auf 224 Personen, bestehend aus je 112 männlichen und weiblichen Bewohner. Aus religiöser Sicht wurden alle damaligen Einwohner als Lutheraner angesehen.

1870er

In den 1870er Jahren kam es zu Streitigkeiten über die schulische Anbindung von Jessen. Der damalige Gröberner Pfarrer Müller wollte die Jessener Schüler, wie es bereits mit den Ockrillaer Schülern geschehen war, in die Gröberner Schule eingliedern. Zu dieser Zeit stand bereits die Errichtung eines Schulneubaues zur Diskussion. Da durch ein Verbot keine Lehrer mehr in Jessen unterrichten durften zwang man die dortigen Schüler später zum Besuch der Gröberner Schule. Den Ockrillaer Bürgern gelang es schlussendlich das der Schulneubau auf Ockrillaer Grund erfolgte und die Jessener Schüler hierbei mit berücksichtigt wurden.

1877

Nachdem die Ockrillaer Schule errichtet wurde und die Jessener Schüler mit angegliedert wurden stand das Jessener Schulgebäude leer. Am 26. Oktober 1877 wurde das Gebäude an eine Familie Sachse, aus der 6km entfernten Ortschaft Lenz, verkauft.

1880-1890
Am 8. Juni 1880 wurde der Jessener Gasthof von Familie Marx an einen Ernst Wilhelm Mißbach für 15.000 Mark verkauft. Schon vier Monate später verkaufte dieser den Gasthof für 16.000 Mark an einen Ernst Julius Poitzsch, welcher 1884 zusätzlich noch das Grundstück mit der damaligen Parzellennummer 283 von H. Hörig für 2250 Mark erwarb. Am 23. März 1885 übernahm ein gewisser Louis Seifert den Jessener Gasthof für 20.000 Mark. Von ihm kaufte dann ein Richard Hugo Schulze, am 16. Oktober 1888, den Jessener Gasthof für nunmehr 23.200 Mark. Knapp 8 Monate später, am 4. Juni 1889, erwarb eine Aug. Wilhelmine Schlösser den Gasthof für 21.000 Mark. Den mittlerweile 8. Besitzer fand der Jessener Gasthof am 3. Mai 1890 in Franz Bruno Kunze, der ihn von der Vorbesitzerin A.W. Schlösser für 27.500 Mark abkaufte.

1888

In den Jahren 1863 und 1864 grassierten in den deutschen Staaten mehrere Trichinellose-Epidemien. Daraufhin führte das damalige Königreich Preußen im Jahre 1886 eine verpflichtende Trichinenuntersuchung ein. In Sachsen wurde 1888 ein entsprechendes Gesetz zur notwendigen Trichinenbeschau bei Schlachtungen eingeführt. Der erste Trichinenbeschauer in der hiesigen Umgebung war der Schmiedemeister Eichler aus Jessen.

1926

In diesem Jahr brannte die Jessener Mühle ein zweites Mal nieder. Für die Aufräumarbeiten wurden vom damaligen Bürgermeister Kunze finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, die aber bis 1932 noch nicht vollständig zurückgezahlt worden waren.

1927

In diesem Jahr gründete sich der Jessener Arbeiter-Turnverein.

1941

Die Einwohnerzahl von Jessen belief sich damals auf 305 Personen. Der Schulbetrieb wurde zu dieser Zeit bereits mit der Nachbarortschaft Ockrilla geteilt. Während dieser Zeit bestand in Jessen ein Verein namens „Krieger-Kameradschaft Ockrilla-Jessen“, welchem ein gewisser Alfred Leupold vorstand, sowie eine sogenannte Zusammenlegungsgenossenschaft, unter dem Vorsitz eines gewissen Max Taggeselle.

Schneeeinbruch / 6.-7. März 1979

ehem. Schulgebäude

ehem. Kindergartengebäude

ehem. Bäckerei Albin May

1942

Nachdem in den vorherigen Jahrzehnten größtenteils Pflichtfeuerwehren in den Ortschaften der heutigen Großgemeinde Niederau vorherrschten wurden diese im Jahr 1942 fast alle in Freiwillige Feuerwehren umgewandelt. Die Freiwillige Feuerwehr Jessen begann ihren Dienst 1942 mit anfangs 20 Kameraden unter Führung ihres ersten Wehrleiters Martin Weser.

1954

Im Jahr 1954 gründete sich der Jessener Volkschor unter erster Leitung von Günther Posner. Ab dem Jahr 1959 übernahm Fritz Schmidt die Leitung. Bereits im Jahr 1960 kam es zur Auflösung des Chores.

Im Juli des Jahres 1954 kam es zu einem Großbrand in Jessen, welchem die Scheune der Familie Schirner zum Opfer fiel.

1955

In diesem Jahr wurde die Ortschaft Jessen mit einer eigenen Autobuslinie in die öffentliche Verkehrsanbindung des Meißner Kreises integriert. Die Busstrecke verlief vom Meißner Bahnhof über Bohnitzsch, Gröbern, Ockrilla nach Jessen und wurde anfangs viermal täglich bedient. Des Weiteren bestand eine Autobusanbindung durch die sogenannte „Großenhainer Autobuslinie“, welche von Großenhain nach Meißen verlief und den Ort Jessen dabei durchlief.

1957

In diesem Jahr wurde das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Jessen im Zuge einer NAW-Aktion neu errichtet. Zur damaligen Hauptausrüstung gehörte einzig ein Tragkraftspritzenanhänger (TSA) der im Einsatz aber von einem Traktor gezogen werden musste.

1958

Ab dem Jahr 1958 kam auch der sogenannte "Landfilm" nach Jessen. Meist Sonntags wurden hierbei Dokumentationen beziehungsweise Kinder- oder Spielfilme im Saal des Jessener Gasthofes aufgeführt. Diese staatliche Initiative sollte den Ausbau des ländlichen Kultursektors fördern.

1965

Am 10. Oktober 1965 wurde die Ortschaft Jessen offiziell zur Ortschaft Gröbern eingemeindet.

1972

Von Freitag, dem 23. Juni, bis zum Sonntag, den 25. Juni 1972 fand in Jessen die große „700 Jahrfeier“ anlässlich der Ersterwähnung der Ortschaft im Jahre 1272 statt. Eingeleitet von einer feierlichen Eröffnung im örtlichen Gasthof, mitsamt Lichtbild- und Filmvorführung aus der Ortsgeschichte, führte ein umfangreiches Programm durch das Wochenende. So gab es im örtlichen Kindergarten eine Ausstellung zur Geschichte Jessens, verschiedene Schausteller, eine moderierte Veranstaltung mit den damals bekannten Humoristen Eberhard Cohrs & Horst Feuerstein, eine Tanzveranstaltung im Gasthof, ein spezielles Kinderfest, eine Reitvorführung sowie einen historischen Festumzug.

1979

In diesem Jahr schlossen sich die Ortsfeuerwehren von Gröbern und Jessen zur Freiwilligen Feuerwehr Göbern-Jessen zusammen.

1994

Im Zuge der Gemeindegebietsreform schließen sich die damalige Gemeinde Niederau (Oberau, Gohlis, Niederau) und die Ortschaften Großdobritz, Gröbern, Jessen und Ockrilla zum 1. Januar 1994 offiziell zur Großgemeinde Niederau zusammen.

Erst im Jahr 1994 erwarb die Freiwillige Feuerwehr Gröbern-Jessen ein Feuerwehrlöschfahrzeug des Types Barkas1000 und konnte somit den Tragkraftspritzenanhänger vollständig ersetzen.

1998

Am Wochenende vom 11. bis 13. September 1998 fanden in Jessen die Feierlichkeiten zu „150 Jahre Löschwesen Jessen“ statt.

Am Samstag, den 14. November 1998 wurde, zur Erinnerung an die bereits im September stattgefundenen Feierlichkeiten zu „150 Jahre Löschwesen Jessen“, am Feuerlöschteich (Untere Dorfstraße) ein Ahornbaum gepflanzt sowie eine Granittafel aufgestellt.

2006

Nach insgesamt 158 Jahren des Feuerlöschwesens in der Ortschaft Jessen wurde die letzte dieser Institutionen, die Freiwillige Feuerwehr Gröbern-Jessen, im Jahr 2006 offiziell aufgelöst. Das Personal sowie die verbliebene Ausrüstung wurden auf die anderen Feuerwehrstandorte in der Gemeinde Niederau verteilt.

Recherchen: Ch. Rupprecht, M. Gruhle, R. Hoffmann    Stand:  Dezember 2024

Enthüllung Gefallenendenkmal     (5.Juni 1997)

Jessener Männerchor / gegr. 1997

ehem. FFW-Gerätehaus / Foto: HR 2024

Luftbild Jessen / Foto: C.P. Peter 1990er