OBERAU

Lage: Kreis Meißen (Sachsen)
Einwohner: 213 (Stand: 31.12.2023)
Dorfform: Platzdorf
Flurform: Gewannflur
Gemarkungsgröße: ca. 679ha
Höhe: 130m - 177 über NN
GPS:  51° 11′ 10″ N, 13° 33′ 23″ E

- CHRONIK -

1274
Die Ersterwähnung der Ortschaft Owa, damals noch die Gesamtbezeichnung für die heutigen Orte Niederau und Oberau, erfolgte in einer, in der sächsischen Stadt Tharand ausgestellten, Urkunde vom 26. April 1274. Laut diesem Dokument übertrug der damalige Markgraf von Meißen, Heinrich III. den beiden Freiberger Brüdern Heinrich und Tilmann Theler fast die gesamte Gerichtbarkeit über die Ortschaft, samt dazugehörigen Ländereien (mit Ausnahme der Gerichtsbarkeit des damaligen Vogtes von Großenhain). Die Gebrüder Theler hatten die Ortschaft vorher von einem Sifrid Sydelmann von Scharfenberg abgekauft und danach vom Meißner Burggraf Meinher III. als Lehen erhalten.

1276
Der heutige Standort des Wasserschlosses Oberau wird erstmals als ein "Herrensitz in einer Sumpfniederung" beschrieben. Diese Umschreibung basierte anscheinend auf der, heutzutage vermuteten, ursprünglichen Befestigungsanlage, welche aus einem von Wassergräben umgebenen Hügel mit Turm bestanden haben soll.

1308
In einer Urkunde vom 19. Oktober 1308 wird ein plebano de Owa, also ein "Pfarrer von der Aue" genannt. Es ist also davon auszugehen daß das damalige Siedlungsgebiet als eine gemeinsame Kirchgemeinde angesehen wurde.

1311 

Die heutige Ortschaft Oberau wurde in einer Urkunde aus diesem Jahr noch zusammen mit ihrem heutigen Nachbarort Niederau, als “Aw superior et inferior” (lat.: höher gelegen und niedriger gelegen) erwähnt. Das damalige Siedlungsgebiet wurde noch als eine zusammenhängende Ortschaft gesehen.

1346

Die Meißner Bistrums-Matrikel führten zu dieser Zeit das weitreichende Siedlungsgebiet der beiden heutigen Ortschaften Niederau und Oberau wiederholt als “Aw superior et inferior” auf. Damals wurde diese Ortschaft innerhalb des Meißner Bistums der Probstei Hayn (Großenhain) zugeordnet. Die originale Urschrift der Bistums-Matrikel existiert nicht mehr. Ihr Inhalt ist aber in einer Abschrift von 1495 erhalten geblieben. Etwa ab den 1360er Jahren wurden die beiden Ortschaften dann als getrennt angesehen.


1433
Urkundlich belegt ist der Kauf der Ortschaften Obir Auwe, Gohles und der damals bereits aufgegebenen Ländereien des ehemaligen Dorfes Droschkewicz durch Bernhard von Miltitz.
Zum 18. Juni 1433 erhielt Bernhard v. Miltitz, vom damaligen Herzog Friedrich I., dem Streitbaren, das Lehnsrecht mitsamt der allumfassenden Gerichtbarkeit über diese Ländereien.

1436
Zu Jahresbeginn 1436 verkaufte Bernhard von Miltitz die drei Ortschaften Obir Auwe, Gohles  und die Ländereien des ehemaligen Dorfes Droschkewicz, mit allen Rechten und dem Kirchlehn (Patronat) an das damalige Zisterzienserkloster Zelle (heute: Altzella, bei Nossen). Rechtlich anerkannt wurde der Verkauf durch ein Dokument der damaligen sächsischen Herzöge Friedrich II., Sigmund und Wilhelm zu Sachsen.

1539/1540
Zur Zeit der Reformation (in Sachsen: 1539-1540) galten die beiden Kirchgemeinden Oberau und Niederau bereits in jeder Beziehung voneinander getrennt. Laut alten Unterlagen gehörten zur Parochie Oberau damals noch die Dörfer Gohlis und das nicht mehr nachweisbare Kreyern. Der damalige Oberauer Pfarrer war ein gewisser Andreas Günther.

1543/1550
Als im Zuge der Reformation alle kirchlichen Güter wieder verkauft werden mussten und somit auch das Kloster Altzella seine Güter veräußerte, gelangte die Ortschaft Oberau in den Besitz eines Kaspar von Ziegelheim. Dieser verkaufte die Ortschaft und das zugehörige Gohlis im Jahr 1550 an den Oberamtshauptmann des Meißner Kreises Ernst von Miltitz für 5500 Gulden. Während der Regentschaft der Familie von Miltitz werden in den folgenden 233 Jahren am Oberauer Schloss und im Park viele bauliche Veränderungen vorgenommen. Neben einer Gebäudeerweiterung und dem Aufsetzen von Volutengiebeln werden u.a. auch bemalte Holzvertäfelungen an den Raumdecken angebracht.

1575
Nachdem der damalige Kurfürst August von Sachsen das Dorf Kreyern kaufte und den damaligen Ortschaften Zaschendorf, Cölln und Coswig zuordnete gehörte zur Kirchgemeinde Oberau nur noch das Dorf Gohlis.

1604
Zu jener Zeit musste im allgemeinen Kirchenbuße gezahlt werden wenn sich ein Paar bereits vor der Eheschließung sexuell betätigte.

ehem. Bäckerei Girke / 1910

ehem. Schule / Anbau rechts / 1939

Abbrucharbeiten Bahntunnel / 1933-1934

Oberauer Schlosspark / 1940er

1605
Zum Ende des Jahres grassierte in Oberau zum wiederholten Male die Pest. In 3 Monaten verstarben insgesamt 23 Personen an einer Pestinfektion.

1617-1619
In diesen beiden Jahren war Peter Werdermann der zuständige Pfarrer für die Parochie Oberau (mit Gohlis). Danach wechselt er seine Anstellung und wirkte die nächsten 30 Jahre als Pfarrer in Niederau. In dieser Zeit fertigte er eine umfassende und aufschlussreiche Chronik von Niederau und den umgebenden Ortschaften an, welche nach seinem Tode von seinen Nachfolgern noch bis 1789 fortgesetzt wurde. Diese Chronik wurde 1891 von Dr. Wilhelm Loose als gedruckte Version veröffentlicht.

1626
Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) lagerte Graf Johann Georg II. von Mansfeld vom 19.-21.September 1626 mit seinem Gefolge und rund 150 Pferden in Oberau und Niederau.

1633
Zum 28. Mai 1633 verkaufte der damalige Eigentümer von Oberau (und Gohlis) Karl von Miltitz seinen gesamten Besitz an seinen Bruder, den kursächsischen Kreissteuereinnehmer Alexander von Miltitz.

1636-1638
Durch den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) verloren in der Parochie Oberau (mit Gohlis) insgesamt 93 Menschen ihr Leben.

1680/1681
im Jahr 1680 wurde die erste Oberauer Kirche, die sogenannte "Marienkapelle", abgerissen und 1681 durch einen Neubau, welcher ebenfalls im Namen der  „Heiligen Katharina von Alexandria“ geweiht wurde, ersetzt.

1706
Karl XII., König von Schweden, quartierte im Zuge des Großen Nordischen Krieges (1700-1721) erstmals am 13. Februar 1706 auf Schloss Oberau. Ein zweites Mal bezog er vom 14.-15. September desselben Jahres Quartier in Oberau, nachdem er mit seinen Truppen gewaltsam durch die Weinberge am heutigen Friedewald in die Ortschaften Oberau und Niederau einfiel. Der Großteil seiner Armee lagerte damals aber in der Nähe der Ortschaft Weinböhla.

1769
Um Mitternacht des 24. Juni 1769 ging ein solch starker Regen in der Gegend nieder, das der Buschmühlenteich (Gohlis) über die Ufer trat. Infolge dessen lief ein Großteil der Wassermassen den Niederauer Dorfbach hinab und überschwemmte des Oberauer Schloßteich so stark, daß das Wasser "bis halbmannshoch" stand.

1783/1784
Im Jahre 1783 kaufte der weimarische Stallmeister Kurt Friedrich von Schönberg das Oberauer Schloßgut. Wenig später verkaufte er es an den Chemiker und Kaufmann  

Johann Friedrich Hiller. Dieser behielt das Gut Oberau bis zu seinem Tod im Jahr 1793 im Besitz. Danach erbte es dessen Tochter Dorothea Amalie Hiller.

1802/1803
Johann Ludwig Bonniot, der Ehemann der damaligen Oberauer Schloßbesitzerin, Dorothea Amalie Hiller, ließ 1802 in Oberau, am sogenannten " Pressgrund", am Fuße des Gellertberges (heute Kreuzung: Mönchsallee/Großdobritzer Str.) eine Kalkbrennerei samt Wohnungen für die Kalkbrenner errichten. Der darin verbaute Brennofen der Firma "Toepfer & Comp." wurde noch bis etwa 1898 genutzt. Ein Jahr später kaufte er einen nahe Neusörnewitz gelegenen Kalksteinbruch, samt der dort bereits ansässigen Kalk- und Ziegelbrennerei.

1807
Im Jahr 1807 übernahm Kanzler Ernst Friedrich Karl Amilius Freiherr von Werthern das Oberauer Schloßgut, zu welchem damals die, von Lieutenant J.L.Bonniot erbaute, Kalkbrennerei, sowie mittlerweile eine Ziegelei, zwei Winzerhäuser und eine Brauerei gehörten. Der Kanzler von Werthern begann kurz darauf abermals das Schloß und den angeschlossenen Garten umzugestalten. Ihm verdankt der Gellertberg auch die 1824 künstlich geschaffene "Turmruine". Nach dem Tod des Freiherr von Werthern im Jahre 1829 fiel dessen gesamter Besitz in die Obhut seiner Witwe, Freifrau von Werthern, einer Geborenen von Wuthenau.

ehem. Oberauer Schule

ehem. Milchrampe

Niederauer Dorfbach nach Unwetter (oberhalb Schwemmteich) / 1958

Dorfbachbegradigung / 1959

1829
In diesem Jahr wurde das Oberauer Pfarrhaus, welches erst wenige Jahre zuvor erneuert wurde, zu einem Schulgebäude umgewandelt. Nach den entsprechenden Umbaumaßnahmen wurde die neue Schule am 9. Oktober 1829 durch Superintendent Karg und den Schulmeister Miersch eingeweiht.

1837-1839
Im Zusammenhang mit dem Bau der ersten deutschen Ferneisenbahnstrecke Dresden-Leipzig, welche am 7. April 1839 eröffnet wurde, war man Aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten dazu gezwungen auf Oberauer Grund einen Tunnel zu errichten. Der Bau der, vom englischen Ingenieur Walker entworfenen, Tunnelkonstruktion wurde dabei vom sächsischen Bergbautechniker Christian Friedrich Brendel angeleitet. Der insgesamt 513m lange Tunnel wurde im Oktober 1839 für die Durchfahrt freigegeben. Ein Durchfahrt dauerte mit den damaligen Zügen etwa 2 Minuten. Durch die Übernahme der ehemaligen Baustellengebäude entstand ein ersten Bahnhof in der direkten Nähe des Tunnels.

1846
Im Jahr 1846 kaufte ein gewisser August Kabrun aus Berlin des Oberauer Gut. Nach aktueller Erkenntnis wurde vermutlich in dieser Zeit der heutige Turm an das Schloss angebaut. Während des Umbaus wurden auch Teile des ehemaligen „Wendelsteines“ - der innenliegende Treppe, verwendet, welche man heute noch in der Außenwand des Turmes wiederfinden kann.

1865
Im Jahr 1865 wurde das Oberauer Gut von dem Berliner Unternehmer Friedrich Henning von Arnim übernommen, welcher dem Planitzer Zweig des Geschlechts von Arnim entstammte. Nach dem Erwerb des Grundstückes ließ er unter Neubaumaßnahmen die Schlossgiebel, den Turm sowie einen Gebäudeflügel merklich verändern. Der Turm wurde gotisch überformt und erhielt neben einer Sandsteinbalustrade einen kegelförmigen Aufsatz. In den oberen Etagen wurden die, durch die Familie Miltitz eingebauten, hölzernen Decken, durch neu eingezogene Überformungen verdeckt. Das am Ostflügel angebrachte Relief eines Ritters stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Später vererbte Henning von Arnim das Rittergut an seine zweite Tochter Johanne Karoline, welche im Jahr 1872 Dietrich Carl von Carlowitz auf Proschwitz ehelichte und das Gut Oberau nach dessen Tod im Jahr 1890 als seine Witwe übernahm.

1887-1936
Zwischen den Jahren 1887 und 1925 wurde das Schloßgut Oberau an den Ökonomierat Richard Löser verpachtet. Dieser übergab es danach an seinen Sohn Georg und dessen Frau Margarethe. Dieser vergrößerte kurzzeitig die Produktivität der dortigen Molkerei und lieferte deren Produkte sogar mit eigenen Fahrzeugen in die nähere Umgebung aus. Nachdem die Regierung des Deutschen Reiches das „Reichsfettbewirtschaftungsgesetz“ erließ und die Molkerei daraufhin geschlossen werden musste, gab auch Georg Löser die Pachtung des Grundstückes auf.

1936-1945
Der letzte Pächter des Oberauer Schloßgutes war Karl von Goldhammer. Im Jahr 1937 wurde das gesamte Gut Oberau, mitsamt Schloss, Wirtschaftsgebäuden und dem dazugehörigem Park, unter Denkmalschutz gestellt. Kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges und dem bevorstehenden Einmarsch der russischen Armee floh die letzte Gutsbesitzerin, Franziska Elisabeth de Neergaard (geb. v Carlowitz) mit ihrer Tochter Else in Richtung der schweizerischen Grenze. Nach der Machtübernahme der Sowjetischen Besatzer wurde das Gut Oberau als "enteignet" deklariert und verstaatlicht.

1949/1950
Auf einen Befehl der sächsischen Landesbodenkommission vom 12. April 1949 sollte das Oberauer Schloß bis spätestens zum 30. April 1949 abgerissen werden. Aufgrund der Flüchtlingssituation nach dem 2. Weltkrieg wurden aber dringend zusätzliche Unterkünfte in der Umgebung benötigt. So richtete man 1950 im Schloß einige Wohnungen für Umsiedler ein.
Dies verhinderte schlussendlich den mehrfach geplanten Abriss.

1950
Mit einem einstimmigen Gemeinderatsbeschluß wurden die beiden Ortschaften Oberau und Gohlis zum 20. Mai 1950 offiziell zur Ortschaft Niederau eingemeindet.

1956
Unter der Leitung des Niederauer Lehrers und Ortschronisten A. Bernhard Martin wurde im Erdgeschoß des Oberauer Schloßes die sogenannte "Heimatstube" eingerichtet, in welcher sich geschichtsinteressierte Bewohner über die Geschichte der Gemeinde und der Umgebung informieren konnten. Die offizielle Eröffnung der "Heimatstube" fand am 26. Juni 1956, im Zuge der Niederauer Landeskulturwoche (26. Juni - 1. Juli 1956) statt. Die Räumlichkeiten bestanden bis ins Jahr 1987.

1974/1979
Das Oberauer Waldbad erhielt 1974 eine neue Zufahrtsstraße, welche in Eigenleistung einiger Einwohner realisiert wurde. Zudem wurde der Waldsportplatz angelegt und eine Toilettenanlage auf dem Badgelände eingerichtet. Im Jahr 1979 erweiterte man die örtliche Speisegaststätte. Zu jener Zeit umfasste das Waldbad eine Gesamtfläche von 7.5 Hektar mit einer Wasserfläche von knapp 9000m³.

1994
Im Zuge der Gemeindegebietsreform schließen sich die damalige Gemeinde Niederau (Oberau, Gohlis, Niederau) und die Ortschaften Großdobritz, Gröbern, Jessen und Ockrilla zum 1. Januar 1994 offiziell zur Großgemeinde Niederau zusammen.

Recherchen:  S. Sang, R. Hoffmann    Stand: Juni 2024

Pfingstsingen / Gellertberg

Waldbad Oberau

ehem. Remisehaus /heute Vereinshaus (Schlossgelände Oberau) / 1990er

Wasserschloss Oberau / 1993 (Foto: GF)