NIEDERAU

Lage: Kreis Meißen (Sachsen)
Einwohner: 2027 (Stand: 31.12.2023)
Dorfform: Straßenangerdorf
Flurform: Gelängeflur
Gemarkungsgröße: ca. 627ha
Höhe: 134m über NN
GPS: 51° 10′ 32″ N, 13° 32′ 33″ E

- CHRONIK -

1274 

Die Ersterwähnung der Ortschaft Owa, damals noch die Gesamtbezeichnung für die heutigen Orte Niederau und Oberau, erfolgte in einer, in der sächsischen Stadt Tharand ausgestellten, Urkunde vom 26. April 1274. Laut diesem Dokument übertrug der damalige Markgraf von Meißen, Heinrich III. den beiden Freiberger Brüdern Heinrich und Tilmann Theler fast die gesamte Gerichtbarkeit über die Ortschaft, samt dazugehörigen Ländereien (mit Ausnahme der Gerichtsbarkeit des damaligen Vogtes von Großenhain). Die Gebrüder Theler hatten die Ortschaft vorher von einem Sifrid Sydelmann von Scharfenberg abgekauft und danach vom Meißner Burggraf Meinher III. als Lehen erhalten.

1308
In einer Urkunde vom 19. Oktober 1308 wird ein plebano de Owa, also ein "Pfarrer von der Aue" genannt. Es ist also davon auszugehen daß das damalige Siedlungsgebiet als eine gemeinsame Kirchgemeinde angesehen wurde.

1311 

Die heutige Ortschaft Niederau wurde in einer Urkunde aus diesem Jahr noch zusammen mit ihrem heutigen Nachbarort Oberau, als “Aw superior et inferior” (lat.: höher gelegen und niedriger gelegen) erwähnt. Das damalige Siedlungsgebiet wurde noch als eine zusammenhängende Ortschaft gesehen.

1346

Die Meißner Bistrums-Matrikel führten zu dieser Zeit das weitreichende Siedlungsgebiet der beiden heutigen Ortschaften Niederau und Oberau wiederholt als “Aw superior et inferior” auf. Damals wurde diese Ortschaft innerhalb des Meißner Bistums der Probstei Hayn (Großenhain) zugeordnet. Die originale Urschrift der Bistums-Matrikel existiert nicht mehr. Ihr Inhalt ist aber in einer Abschrift von 1495 erhalten geblieben.

1368 

Laut einer Urkunde vom 27. Oktober 1368 trat ein Ulrich von Gorenz den beiden damaligen Burggrafenbrüdern Meinher V. und Berthold I. von Meißen das Kirchlehn (mitsamt Patronat) “yn dem Dorfe ezu der Nydirowe” ab. Offenbar war das Siedlungsgebiet zu jener Zeit schon in zwei separate Ortschaften aufgeteilt.

1387 

In einer Urkunde, in welcher der damalige Meißner Markgraf Wilhelm I. seiner Frau Elisabeth verschiedene Güter überschrieb wurde auch ein “... wyngarten zcu Schilaw, mit dem tyche, der darunter gelegin ist ...” aufgeführt. Dies gilt nach aktuellem Stand als die erste Nennung des sogenannten “Fürstenteiches”, auch “Meißnischer See” oder "Gabelteich" genannt, der zur damaligen Zeit als der größte See innerhalb der sächsischen Landen galt.  Dieser befand sich nachweislich in den heutigen Nassau-Niederungen zwischen Meißen, Niederau und Weinböhla und entstand durch das erzwungene Anstauen der bereits vorhandenen, natürlichen Sümpfe und Altwassertümpel. Seine genauen Ausdehnungen veränderten sich in den darauffolgenden Jahrhunderten stetig. Durch spätere Urbarmachung des Geländes verkleinerte sich seine Fläche zusehends, bis er in den 1750er Jahren als ausgetrocknet galt.

1435

Der heutige Ort Niederau wurde in den damaligen Visitationsprotokollen der Kirche als Nederaw aufgeführt.

1449 

Der damalige sächsische Herzog und Markgraf von Meißen, Friedrich II., belehnte in diesem Jahr die adlige Familie Marschall von Bieberstein (Nossen), genauer gesagt Hans, Hans Friedrich, Caspar und Heinrich von Marschall, mit unzähligen Örtlichkeiten innerhalb des damaligen Sachsens. Zu diesen Lehnsgütern gehörten damals auch ein Gehöft in der Nassau, der Ort Niederau und ein nicht näher benanntes Vorwerk, welches erstmals 1333 eine urkundliche Erwähnung fand. Die Lehnsverträge umfassten dabei die volle Gerichtsbarkeit, alle Freiheiten und Gerechtigkeiten, alle Frohndienstler, alle erwirtschafteten Zinsen und jegliche zugehörigen Ländereien und Gewässer.

1468

Wie es damalige Lehnsverträge beinhalteten, gingen die jeweiligen Lehnsgüter nach dem Tode der jeweiligen Lehnsherren in den Besitz ihrer direkten Nachkommen über. So wurde in diesem Jahr ein gewisser Nicol von Marschall mit dem naussauischen Gehöft, dem dortigen Vorwerk und dem Ort Niederau von den beiden damals regierenden sächsischen Herzögen und Meißner Markgrafen Ernst und Albrecht belehnt. Auch hierbei umfassten die Lehnsverträge die volle Gerichtsbarkeit, alle Freiheiten und Gerechtigkeiten, alle Frohndienstler, alle erwirtschafteten Zinsen und jegliche zugehörigen Ländereien und Gewässer.

1492 

In weiterer Erbfolge ging, nach Nicol Marschalls Tod, das Gehöft in der Nassau, das dortige Vorwerk und der Ort Niederau auf Georg von Marschall über. Dieser wurde im März 1492 offiziell von Georg dem Bärtigen, Herzog von Sachsen und Markgraf von Meißen, mit diesen Gütern belehnt. Mit dem Antritt des Erbes gingen natürlich auch alle Zugehörigkeiten, wie zum Beispiel die volle Gerichtsbarkeit und jegliche zugehörigen Ländereien, auf Georg von Marschall über.

Schule Niederau / um 1900

Gesangsverein "Eintracht" / 1886-1936

ehem. Firma Lohse & Rothe (Dachpappe & Asphalt)

Brand ehem. Rütgers-Werke

1539/1540
Zur Zeit der Reformation (in Sachsen: 1539-1540) galten die beiden Kirchgemeinden Oberau und Niederau bereits in jeder Beziehung voneinander getrennt. Laut alten Unterlagen war Niederau eigenständig, während zur Parochie Oberau damals noch die Dörfer Gohlis und das nicht mehr nachweisbare Kreyern eingepfarrt waren. Pfarrer in Niederau war damals ein gewisser Ambrosius Fischer.

1619-1648
Für rund 30 Jahre ist Peter Werdermann der zuständige Pfarrer für die Parochie Niederau. In dieser Zeit fertigte er eine umfassende und aufschlussreiche Chronik von Niederau und den umgebenden Ortschaften an, welche nach seinem Tode von seinen Nachfolgern noch bis 1789 fortgesetzt wurde. Diese Chronik wurde 1891 von Dr. Wilhelm Loose als gedruckte Version veröffentlicht.

1626
Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) lagerte Graf Johann Georg II. von Mansfeld vom 19.-21.September 1626 mit seinem Gefolge und rund 150 Pferden in Oberau und Niederau.

1632/1633

In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) kommt es innerhalb des damaligen deutschen Reiches zu mehreren größeren Pestausbrüchen, denen mehrere tausend Menschen zum Opfer fallen. Während einer weitläufigen Pestepidemie in den Jahren 1632/1633 starben allein in Niederau insgesamt 154 Personen.

1706
Im Zuge des Großen Nordischen Krieges (1700-1721) durchquerte Karl XII., König von Schweden zweimal die hiesige Gegend. Nachdem er am 13. Februar 1706 für eine Nacht sein Quartier auf Schloss Oberau bezog, fiel er am 14. September desselben Jahres mit seinen Truppen gewaltsam durch die Weinberge am heutigen Friedewald in die Ortschaften Oberau und Niederau ein und lagerte hier bis zum Folgetag. Der Großteil seiner Armee lagerte damals in der Nähe der Ortschaft Weinböhla.

1727/1729
Bei einem Brand am 2. Mai 1727 wurde die Niederauer Kirche komplett zerstört. Im Jahr 1729 wurde ein vollständiger Neubau errichtet. Die Kosten von 1333 Thalern wurden u.a. durch Spenden der Landstände und des Oberkonsistoriums getragen. Der Großteil der Finanzmittel stammte aber aus dem Niederau Kirchenvermögen.

1760er
Etwa um diese Zeit wurde der "Fürstenteich" zwischen Meißen und Niederau aufgegeben und der Teichgrund nach und nach in Felder und Wiesenflächen umgewandelt.

1802
Anfang des Jahres 1802 grassierten in Niederau die Blattern (Pockeninfektion), wobei von insgesamt 24 infizierten Kindern schlussendlich 12 verstarben. Im selben Jahr kam es in Niederau auch zu einem Großbrand, der in knapp 90 Minuten ganze 8 Häuser beschädigte.

1805
Im November diesen Jahres wurden im Zuge der Napoleonischen Kriege (1799-1816) preußische Truppen im Ort einquartiert. Zu jener Zeit zählt Niederau insgesamt 349 Einwohner.

1839
Das das bisherige Niederauer Schulgebäude, ein einfaches Fachwerkhaus mit Lehmwänden und Strohdach, mit den Jahren immer baufälliger geworden war, entschied man sich 1839 zum Abriss. An gleicher Stelle (heute: Hauptstraße 15) entstand wenig später im Jahr das neue Schulgebäude, welches ebenfalls mit einem großen Klassenzimmer und einer Lehrerwohnung ausgestattet war.

Silvesterfeier Pfadfinder / 1920

Dorfbachbegradigung / 1950er

Kreuzung Kirchstraße / 1950er

Kirchstraße / 1960er

1842
Im Zusammenhang mit dem Bau der ersten deutschen Ferneisenbahnstrecke Dresden-Leipzig, welche am 7. April 1839 eröffnet wurde, erbaute man nicht nur einen Tunnel in Oberau, sondern funktionierte die ehemaligen Baustellengebäude später zum Bahnhof um. Da die Strecke aber landschaftsbedingt einen Bogen um die Stadt Meißen machte und die dortigen Bewohner den Oberauer Bahnhof schlecht erreichen konnten entschied man sich zum Bau einer neuen Ortsverbindung (heute: Meißner Straße) und eines neuen Bahnhofes in Niederau. Die neue Verbindungsstraße wurde im März 1842 fertiggestellt, der im Schweizer Stil erbaute Niederauer Bahnhof wurde wenig später, am 15. Mai 1842 eröffnet.

1852
Die Ortschaft Niederau bestand zu jener Zeit aus 74 Häusern und insgesamt 495 Einwohnern.

1864
Ein gewisser Hr. Hilgers verkaufte seine Schwellenimprägnierfabrik in Niederau an einen Hr. Rütgers aus Berlin und dessen Schwager Hr. Schmock aus Breslau. Die Niederauer Produktionsstätte ging somit in das, bereits 1847 gegründete Unternehmen der Familie Rütgers über.

1877
Nachdem die wirtschaftliche Bedeutung des Niederauer Bahnhofs spürbar zurückging wurde entschieden, das Obergeschoss des Hauptgebäudes mit Wohnungen auszubauen.

1886
Im Winter des Jahres 1886 gründete sich in Niederau der Männergesangsverein "Eintracht".

1898
Da das 1839 erbaute Schulgebäude mittlerweile zu klein geworden war und ein Erweiterungsanbau aus platztechnischen Gründen nicht möglich war, kaufte die Gemeinde im Jahr 1898 an der damaligen Niederauer Landstraße (heute: Meißner Str. 65) ein größeres Stück Land und ließ ein dreigeschößiges Gebäude samt Unterkellerung errichten. Neben einer neuartigen Niederdruck-Dampfheizung wurde im Kellergeschoß auch eine Hausmeisterwohnung eingerichtet. Das Erdgeschoß enthielt die Klassenzimmer und eine Lehrerwohnung, das Dachgeschoss drei kleinere Klassenzimmer, eine zusätzliche Wohnung und kleinere Nebenräume. Die Gesamtkosten für das Bauland, den Bau des Gebäudes, sowie die Ausstattungen der Räume und des Geländes beliefen sich auf rund 70.000 Mark. Die Baupläne stammten vom Leipziger Architekten Theodor Hülßner.

1921
Am 25. Mai 1921 wurden in Niederau die drei neuen Glocken für den Kirchturm geweiht. Gegossen wurden die Glocken von der Dresdner Firma Bierling. Den Transport von Dresden nach Niederau übernahm die örtliche Firma Rothe & Lohse, welche die Glocken per Zug zum Niederauer Bahnhof transportierte, von wo aus diese dann, auf festlich geschmückten Wagen und unter großer Publikumsbegleitung, zur Kirche gefahren wurden.

1937
Der Mechanikermeister Paul Jentzsch eröffnete in Niederau eine Shell-Tankstelle (heute: Kreuzung Meißner Str./Weinböhlaer Str.). Diese hatte bis zum Jahr 1956 bestand.

1941
In der Niederauer Rütgerssiedlung (heute: Ring der Einheit) wird im damaligen Gemeinschaftsgebäude ein Kindergarten eröffnet.

1945
Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges, am 27. April 1945, rücken sowjetische Kampfeinheiten nach Niederau vor. Ein wehrhafter dt. Soldat schoss vom Kirchturm aus auf die von Gröbern kommenden russ. Soldaten, worauf diese mit Granatbeschuss antworteten. Neben der Beschädigung der Kirchturmhaube, des Daches und der Kirchenorgel wurden dabei auch die Höfe der Familien Fichtner, Klotz und Paul in Brand geschossen, sowie das Gebäude der Niederauer Schule beschädigt. Durch einen weiteren Beschuss des Dorfes kam es am 7. Mai 1945 zur Beschädigung mehrerer Gräber auf dem Niederauer Friedhof. Die Gemeinde Niederau verzeichnete durch den Krieg rund 400 Einwohner als Gefallene oder Vermisste.

FFW Niederau / 1960er

NAW-Einsatz, Sportplatzbau / 1962

Kartwagenrennen im Ort / 1970er

ehem. allkauf-Gelände / um 1993

1961-1963
Von November 1961 bis September 1963 wurde, auf Initiative des Niederauer Sportlehrers Johannes Böhme, neben dem Schulgebäude eine Kleinsportanlage errichtet. Die gesamten Baukosten beliefen sich auf rund 20.000 Mark.

1968/1969
Im Jahre 1968 wurde mit einem Erweiterungsanbau an der Niederauer Schule begonnen. Der neue Gebäudeteil, mit insgesamt 6 Klassenzimmern und einer Toilettenanlage wurde am 5. Mai 1969 offiziell übergeben.

Aufgrund der Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Leipzig-Dresden wird die überalterte und zu niedrige "Pressbrücke" (heute: Höhe Scheringstraße 2) im Jahre 1969 weggerissen.

1979-1983
Im heutigen "Ring der Einheit" wurde eine neue Abwasser- und Kläranlage installiert.

1988
Zum 150jährigen Bestehen der Eisenbahnverbindung Leipzig-Dresden fand am Bahnhof Niederau eine dreitägige Feier statt. Extra für diese Feierlichkeit wurde, bereits seit 1984, der gesamte Gebäudekomplex unter denkmalpflegerischen Aspekten rekonstruiert, die Bahnsteige asphaltiert und die Schrankenanlage modernisiert. Zusätzlich hatte man die alte Bahnhofsuhr mit römischem Ziffernblatt originalgetreu restauriert.

1992
Die Gemeinde Niederau beging am 16. und 17. Mai 1992 den 150. Geburtstag ihres Bahnhofes - dem damals ältesten, noch in Betrieb befindlichen, Bahnhofs Deutschlands.


1994
Im Zuge der Gemeindegebietsreform schließen sich die damalige Gemeinde Niederau (Oberau, Gohlis, Niederau) und die Ortschaften Großdobritz, Gröbern, Jessen und Ockrilla zum 1. Januar 1994 offiziell zur Großgemeinde Niederau zusammen. 


1995
Nachdem das Niederauer Gemeindeamt 1987 in das Gebäude der ehemaligen Kinderkrippe eingezogen war, erfolgte im Januar 1995 ein erneuter Umzug - diesmal an den heutigen Standort auf der Rathenaustraße 4. Die offizielle Einweihung des Gebäudes fand am 27. April 1995 statt.

1998
Die Gemeinde Niederau mit ihren sieben Ortsteilen zählt damals insgesamt 4307 Einwohner.

1999
Vom 23. bis 25. Juni 1999 beging die Gemeinde Niederau die 725-Jahr-Feier der urkundlichen Ersterwähnung der Ortschaft Owa.

2024
Vom 09. bis 11. August 2024 begeht die Gemeinde Niederau die 750-Jahr-Feier der urkundlichen Ersterwähnung der Ortschaft Owa.

Recherchen:  A.B. Martin, G. Fischer, S. Sang , R. Hoffmann    Stand: Juni 2024

Neubauten (Meißner Str.) / Aug. 1996

ehem. Schule (erbaut 1839) / 1997

ehem. Bäckerei Bönisch / 1997

725-Jahr-Feier / 25.7.1999 (Foto: HPH)