Persönlichkeiten
Mit der Geschichte der Gemeinde Niederau sind auch einige bedeutende Persönlichkeiten der deutschen Geschichte verbunden. An dieser Stelle möchten wir diese Personen näher vorstellen.
CHRISTIAN FÜRCHTEGOTT GELLERT
(04. Juli 1715, Hainichen - 13. Dezember 1769, Leipzig)
Christian Fürchtegott Gellert war ein deutscher Dichter und Moralphilosoph der Aufklärung und galt zu Lebzeiten als einer der meistgelesenen deutschen Schriftsteller. Sein damaliger Erfolg basierte auf seiner Abwendung vom gelehrten Publikum, hin zur verständlichen Poesie für Jedermann.
Geboren wurde er am 4. Juli 1715, als fünfter Sohn einer Pastorenfamilie in der sächsischen Stadt Hainichen. Trotz der Anstellung seines Vaters als stellvertretender, örtlicher Pfarrer lebte die Familie in recht ärmlichen Verhältnissen. Anfangs besuchte er eine öffentliche Schule und erlernte dabei u.a. religiöses Basiswissen und Grundkenntnisse in den gelehrten Sprachen Griechisch und Latein. Zur Vorbereitung auf die folgende, höhere Schule stellte ihm sein Vater später noch einen Privatlehrer zu Seite.
Um zur finanziellen Situation seiner Familie helfend beizutragen verdiente sich Ch.F. Gellert bereits mit 8 Jahren durch kleinere Haustürgeschäfte etwas dazu. Mit 11 Jahren schrieb er gegen einen kleinen Lohn Hausbriefe, Mahnungen, gerichtliche Akten und andere Dokumente per Hand ab. Über diese Zeit meinte er später im Scherze, seine Heimatstadt habe in ihren Unterlagen mehr Werke aus seiner Jugendzeit, als die Welt von seinem Geiste aus den restlichen Jahren seines Lebens.
Zwischen 1729 und 1733 besuchte er die Fürstenschule St. Afra zu Meißen. Hier begründete er eine lebenslange Freundschaft mit den beiden späteren Schriftstellern Karl Christian Gärtner und Gottlieb Wilhelm Rabener. Seine seit der Kindheit bestehenden, gesundheitlichen Probleme traten in diesen Jahren erstmals spürbar zu Tage. Nach vier Jahren Fürstenschule kehrte er wieder zum Vater nach Hainichen zurück und bereitete sich auf das folgende, akademische Leben vor. Ab 1734 besuchte er die Universität in Leipzig und studierte dort Theologie und Philosophie. Da sein Vater die Kosten für das Studium nicht mehr aufbringen konnte musste Ch.F. Gellert die Universität nach gut 4 Jahren wieder verlassen und abermals zu seinem Vater nach Hainichen zurückkehren.
In den folgenden Jahren verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als Prediger und Erzieher. 1740 kehrte er wieder nach Leipzig zurück und nahm sein unterbrochenes Studium wieder auf. Im Jahr 1745 begründete er mit seinen Freunden Karl Christian Gärtner, Gottlieb Wilhelm Rabener & Johann Elias Schlegel die Zeitschrift „Neue Beyträge zum Vergnügen des Verstandes und des Witzes“, auch „Bremer Beyträge“ genannt. Ab April 1751 wurde im die Stelle als außerordentlicher Professor für Moral und Philosophie an der Leipziger Universität zu teil. Aufgrund seines weitreichenden Rufes waren seine Vorträge regelmäßig überfüllt und wurden dabei von vielen internationalen Gästen, einfachen Bürgern wie auch Adligen besucht. Zwischen 1752 und 1753 verstärkten sich aber seine hypochondrischen Zustände was ihn zu einigen längeren Schaffenspausen zwang. Ende der 1750er Jahre brach sein Freundeskreis um die „Bremer Beyträge“ allmählich auseinander, was ihm den Schaffensrückhalt nahm und persönlich stark beeinträchtigte. Seine späteren Publikationen waren daher mehr den äußeren Umständen geschuldet, denn dem inneren Drang der Berufung. Beispielsweise sind seine „Lehrgedichte und Erzählungen“ (1754) eine Zusammenstellung von älterem, überarbeitetem Material, welches er nur veröffentlicht, da er das Geld für erforderliche Gesundheitskuren benötigte.
Seine fortlaufenden Krankheitsschübe zwangen ihn auch 1763 wieder zu einem längeren Kuraufenthalt. Im Jahr 1768 begann Ch.F. Gellert mit den Korrekturarbeiten anlässlich einer Werkgesamtausgabe, welche von seinem Verleger Philipp Erasmus Reich geplant wurde. Gezeichnet durch seine Krankheit und durch Skepsis seinen älteren Werken gegenüber überließ er die Arbeit aber bald darauf einigen Freunden. Gegen Ende des Jahres 1769 unternahm er eine abschließende Reise in seine Heimatstadt Hainichen, welche ihn auch nach Meißen und Oberau führte. Dieser Aufenthalt in Oberau und die von ihm erklärte Liebe zum Ort und dessen Umgebung verschafften Gellert eine spätere Ehrung durch die Gemeinde Niederau, welche später zwei Örtlichkeiten nach ihm benannte. Heute bekannt als „Gellertbrunnen“ und „Gellertberg“. Kurz nach dieser Reise begann er noch letzte Änderungen an seinem Werk "Moralische Vorlesungen" vorzunehmen, welche er aber nicht mehr rechtzeitig zur Drucksetzung fertigstellen konnte. Dies übernahmen für ihn seine Freunde Johann Adolf Schlegel und Gottlieb L. Heyer.
Am 13. Dezember 1769 verstarb Christian Fürchtegott Gellert gegen 11 Uhr abends in Leipzig. In seinem Vermächtnis finden sich neben Erzählungen, Abhandlungen, Vorlesungen, Liedern und Fabeln auch Romane sowie einige tiefergreifende Werke, in denen er die Moral in den Mittelpunkt stellte. Seine Werke, insbesondere seine Fabeln, zählten im 18. und 19 Jhr. zu den meistgelesenen Schriften in Deutschland. Mit dieser Breitenwirkung trug er nicht unerheblich zur Bildung eines allgemeinen Lesepublikums in Deutschland bei.
Recherche & Text: R. Hoffmann
Gemälde: Gottfried Hempel, 1752 (Halberstadt)
JOHANN GOTTLIEB FICHTE
(19. Mai 1762, Rammenau - 29. Januar 1814, Berlin)
Johann Gottlieb Fichte zählt auch heute noch zu den bekanntesten und wichtigsten deutschen Philosophen und gilt zudem als einer der wichtigsten Vertreter des Deutschen Idealismus. Neben seinem Hauptwerk, der mehrbändigen und mehrfach überarbeiteten "Wissenschaftslehre", veröffentliche er rund ein Dutzend weitere Schriften.
Geboren wurde er in Rammenau, einem kleinen, zu damaliger Zeit von Frondiensten geprägten Dorf, nur wenige Kilometer nördlich von Bischofswerda (Sachsen). Als erstes von insgesamt acht Kindern des Bandwebers Christian Fichte und seiner Frau Johanna Maria Dorothea (geb. Schuricht) wuchs er, wie es in den damaligen, unteren Gesellschaftsschichten üblich war, unter beengten häuslichen Verhältnissen auf und war somit auch an die damit verbundenen Probleme und sozialen Vorurteile gewöhnt. Laut verschiedener Berichte schien er im Kindesalter ein rech eigensinniges Kind zu sein. Statt mit Gleichaltrigen zu spielen blieb er wohl öfters für sich allein und beobachtete stundenlang die Natur und verlor sich in Gedanken. Als Heranwachsender wurde er hauptsächlich vom Vater und dem örtlichen Pfarrer Karl Christoph Nestler unterrichtet. Diesem viel recht früh die besondere Begabung des Jungen auf, sich größere Text- und Sprechpassagen merken und später fas fehlerfrei wiedergeben zu können. Diese Gabe sollte den Grundstein für seinen späteren Werdegang legen.
Laut Überlieferung begab es sich das der damalige Meißnischer Amthauptmann und Gutsherr Ernst Haubold von Miltitz im Sommer 1771 nach Rammenau reiste um sich dort die Sonntagspredigt anzuhören. Aus unbekannten Gründen verpasste er aber die Predigt. Im wurde sogleich von der besonderen Gabe des jungen Johann Gottlieb Fichte berichtet, welchen er sogleich herbeirufen ließ um sich die gesamte Predigt aus seinem Munde wiedergeben zu lassen. Beeindruckt von der Genauigkeit des Wortlautes und der Hingabe des Jungen für diese Aufgabe beschloss er die weitere Erziehung des Jungen zu übernehmen um ihn entsprechend zu fördern. Nachdem seine Eltern diesem Vorhaben zustimmten reißte der damals neunjährige J.G. Fichte mit seinem Gönner auf dessen damaligen Wohnsitz, dem Oberauer Wasserschloss.
Der Ortswechsel scheint dem jungen Fichte aber weniger gut bekommen. Das Wasserschloss soll auf den Jungen nämlich einen solch düster-erschreckenden Eindruck gemacht haben, das sich sein Gemütszustand sowie seine körperlich Verfassung in kurzer Zeit spürbar verschlechterten. So war er wohl öfters traurig und plagte sich mit Heimweh. Auf Grund dessen gab ihn Ernst Haubold von Miltitz kurze Zeit später zum Niederauer Pfarrer Gotthold Leberecht Krebel und dessen Frau. Das neue, weitaus familiärere Umfeld sollte den Jungen wieder physisch und psychisch stärken. Des Weiteren sollte er beim Pfarrer Krebel auch die "alten" Sprachen erlernen, wobei es aufgrund des eher sporatischen Unterrichtes nur für die Grundkenntnisse in Latein ausreichte. Obwohl er auch bei Familie Krebel viel Zeit alleine verbringen musste sprach er in späteren Jahren nur im Guten über seine Zeit in Niederau. Laut eigener Aussagen zufolge teilten sie mit Ihm auch die kleinsten häuslichen Genüsse, so als gehöre er wirklich zur Familie. Er sprach sogar von wahrer, elterlicher Liebe.
Nach seiner Zeit bei Familie Krebel besuchte er von Oktober 1773 bis September 1774 die Meißner Stadtschule. Der hierbei gegebene Unterricht sollte ihn entsprechend sorgsam auf die angestrebte Aufnahmeprüfung an der Schulpforta in Naumburg vorbereiten. Die Kosten dieser Schulausbildung von rund 7 Thalern im Monat übernahm auch diesmal Ernst Haubold von Miltitz.
Der nächste große Lebensabschnitt für Johann Gottlieb Fichte begann mit dem Bestehen der Aufnahmeprüfung und dem Eintritt in die Landesschule Pforta zu Naumburg, am 4. Oktober 1774. Die nächsten sechs Jahre wurde er hier, unter sehr strengen Verhaltensregeln und durch akribische Tagesabläufe auf das daran anschließende Universitätsstudium vorbereitet. Der entsprechend hohe Leistungsdruck führte bei Fichte anfangs wieder zu einer Verschlechterung seines Gemütszustandes, was in einem Fluchtversuch mündete, der ihn wieder zu seinen Eltern führen sollte. Nach seiner reumütigen Rückkehr und einem offenen Geständnis gegenüber dem Rektor wurde er wieder in den Schulbetrieb aufgenommen. Trotz seines weiterhin oftmals trotzigen Verhaltens und seiner sehr selbstgerechten Wesensart schien er sich später entsprechend angepasst zu haben. In den letzten beiden Jahren schienen sein Fleiß und sein Talent durchgebrochen zu sein, womit er die von ihm erwarteten schulischen Erfolge erbrachte und sich so die erwünschte Achtung seiner Person erarbeiteten konnte. Johann Gottlieb Fichte beendete die Schulpforta am 5. Oktober 1780.
Nachdem er zwischen 1780 bis 1784 in Jena, Wittenberg und Leipzig studierte arbeitete er bis 1790 hauptsächlich als Hauslehrer in Zürich sowie in Leipzig und der näheren Umgebung. 1791 hatte er kurzzeitig eine ebensolche Stelle in Warschau inne. Von hieraus besuchte er Emanuel Kant in dessen Heimatstadt Königsberg (heute: Kaliningrad), welcher ihm hierbei einen Verleger für seine Schrift „Versuch einer Critik aller Offenbarung" verschaffte, die 1792 anonym veröffentlicht wurde und dadurch fälschlicherweise für eine Arbeit von Emanuel Kant selbst gehalten wurde. Nachdem Emanuel Kant diesen Irrtum im Jahre 1794 öffentlich berichtigte wurde J.G. Fichte schlagartig berühmt und erhielt daraufhin einen Lehrstuhl für Philosophie in Jena.
In seiner zweite Lebenshälfte lehrt er unter anderem als Professor in Jena, war von 1794 bis 1800 Mitglied der Freimaurerloge "Günther zum stehenden Löwen“ in Rudolstadt, führte 1805 eine Interimsprofessur für Philosophie in Erlangen, arbeitete 1807 nebenbei als Zensor der „Hartungschen Zeitung“ in Königsberg, wurde 1808 Mitglied der Bayrischen Akademie der Wissenschaften und 1811 erster gewählte Rektor der, 1809 von Friedrich Wilhelm III. gegründeten, Universität zu Berlin (ab 1949 Humboldt-Universität). Johann Gottlieb Fichte starb am 29. Januar 1814 an einer Fleckfieberinfektion. Neben seiner Frau hinterließ er seinen einzigen Sohn Immanuel Hermann (1796-1879).
Recherche & Text: R. Hoffmann
Gemälde von Friedrich Bury (1763-1823)
GOTTLOB ADOLF KRAUSE
(05. Januar 1850, Ockrilla - 19. Februar 1938, Zürich)
Gottlob Adolf Krause war ein deutscher Afrikaforscher und Wissenschaftler, der hauptsächlich über verschiedene afrikanische Sprachen publizierte und sich zudem mit der örtlichen Meteorologie beschäftigte.
Als achtes Kind einer sächsischen Bauernfamilie in Ockrilla bei Meißen geboren, war Gottlob Adolf Krause bereits in seinen Jugendjahren an den damit einhergehenden sozialen Status und die damit verbundenen Strapazen und Entbehrungen gewohnt. Dies konnte den stets wissbegierigen und gläubigen evangelisch-lutherischer Christen jedoch nicht von seinem hoch gesteckten Ziel abbringen, nämlich an der aufkommenden Erforschung und Humanisierung Afrikas teilzunehmen. Diesen Entschluss fasste er als 15jähriger, nachdem er an der Leipziger Thomas-Schule durch Missionierungsliteratur aus Afrika auf dieses Thema aufmerksam wurde. Seine Begabung und Interesse für Fremdsprachen sollte ihm dabei von Vorteil sein. Neben den später erlernten afrikanischen Sprachen beherrschte er neben Griechisch und Latein auch Französisch, Englisch und Italienisch.
Bereits mit 18 Jahren reiste er zu Fuß durch Österreich-Ungarn nach Italien um von dort per Schiff über Malta nach Libyen zu gelangen. Für seine späteren Forschungen wurde die Landeshauptstadt Tripolis sein stetiger Ausgangspunkt. Hier erlernte er die arabische Sprache und kam auch erstmals mit der in Zentralwestafrika genutzten Handelssprache "hausa" in Kontakt. Seine stets schlechte finanzielle Lage zwang ihn oftmals dazu sich entsprechende Unterstützer zu suchen. So schloss er sich z.B. im Januar 1869, für seine erste Reise ins Landesinnere der niederländischen Afrika-Forscherin, Fotografin und Abenteurerin Alexandrine Tinne an, wobei er hierbei hauptsächlich als ihr Hundebetreuer fungierte. Von dieser Reise, die ihn immerhin bis nach Murzuk (Libyen) führte, kehrte er nach rund 8 Monaten, im Juli 1869 wieder nach Leipzig zurück.
Nach einer mehr oder minder überstürzten Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg (1870-1871) und einer daraus resultierenden Beinverletzung, welche er über mehrere Monate im Lazarett auskurierte, studierte er von Dezember 1873 bis März 1876 an der Leipziger Universität im Bereich der Naturwissenschaften. Dennoch war er weiterhin bestrebt seiner Leidenschaft für den afrikanischen Kontinent und dessen Sprachen nachzugehen. Zwischen den Jahren 1877 und 1885 reiste er noch zweimal nach Afrika und unternahm hierbei, stets von Tripolis ausgehend, mehrere größere und kleinere Exkursionen. Aus seinen dabei gesammelten Daten und persönlichen Erfahrungen schuf er später mehrere wissenschaftlich begründete Monografien und stellte seine Erkenntnisse auch anderen Forschern, wie z.B. dem deutschen Prof. Paul F. A. Ascherson, zur Verfügung.
Obwohl er für seine Forschungsreisen stets auf die finanzielle Unterstützung diverser Wohltäter und Geschäftsmänner angewiesen war, welche sich meist auch eigene Vorteile von dieser Zusammenarbeit erhofften, vertrat er dabei stets einen ethisch integeren Standpunkt. So lehnte er es, auf einer 1884 von Dr. Emil Riebeck finanzierten Reise, vehement ab seine Sprachkenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit den afrikanische Einwohnern für unlautere Vertragsabschlüsse bezüglich Gebietsabtretungen an das Deutsche Reich zur Verfügung zu stellen. Krause schrieb dazu „Ich wünsche nicht, daß die Reichtümer Afrikas dazu dienen sollen, reiche Europäer noch mehr zu bereichern.“
Recherche & Text: R. Hoffmann
Foto: Titel "Tripolitanisches Kriegstagebuch" / Edition Falkenberg